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#KWS #Lectures: holarchisches Denken und das Improvisationstheater des Bewusstseins
#Gütersloh, 9. November 2025
Das, was wir »Denken« nennen, ist kein isolierter Akt individueller Köpfe, sondern ein vielschichtiges Emergenzphänomen. Aus zahllosen neuronalen, sozialen und symbolischen Prozessen entsteht ein kollektives Feld, in dem sich Ideen, Sprachen, Institutionen und Werte selbstorganisieren. Jedes Individuum ist darin kein Ursprung, sondern ein Holon – zugleich Teil und Ganzes, Akteur und Ausdruck.
Das sogenannte »Kollektive Denken« ist kein einheitlicher »Geist der Menschheit«, sondern eine Vielzahl von sich überlagernden, kommunizierenden Systemen. Wo Kommunikation stattfindet, entsteht #Bewusstsein 2. Ordnung: #Gesellschaft, #Kultur, #Recht, #Wissenschaft. Diese Systeme sind keine Wesenheiten, sondern Strukturen des Geschehens, in denen sich das Denken der Welt über sich selbst reflektiert.
2. Das Rechtssystem als #Selbstregulation
Unter diesen emergenten Ordnungen ist das Rechtssystem eines der stabilsten. Es ist kein moralisches Instrument, sondern ein Rückkopplungsmechanismus des gesellschaftlichen Ganzen: ein Versuch, destruktive Muster zu begrenzen und Kooperation zu sichern. Ein #Täter ist in diesem Modell kein autonomes Subjekt, sondern ein Holon des Systems – ein Ausdruck seiner #Dynamik. Wenn das System sanktioniert, handelt es an sich selbst; es korrigiert, balanciert, lernt.
Das Problem entsteht, wenn Bewusstsein diese Prozesse personalisiert: »Ich habe getan«, »Du hast verschuldet«. So entsteht der Mythos von persönlicher Verantwortung, Schuld und Vorsatz. Doch funktional genügt es, dass das System reagiert – die Zuweisung von Schuld ist ein psychologisches, kein ontologisches Bedürfnis.
3. #Bewusstsein als #Interface
Alles Handeln ist unbewusst #determiniert. Das #Bewusstsein ist keine Steuerzentrale, sondern eine narrative Oberfläche: Es erklärt, was längst geschehen ist. Was wir als »Willen« erleben, ist die Übersetzung unbewusster Prozesse in symbolische Sprache. Wir rationalisieren, um Kohärenz zu erzeugen – und nennen diese Kohärenz »Ich«.
Das #Gefühl der #Freiheit entsteht, weil wir nicht alles wissen können. Wir kennen die Ursachen unseres Handelns nicht, noch die vollständigen Folgen; daraus entsteht der Anschein von Entscheidung. Freiheit ist also #epistemisch, nicht #ontologisch: ein Effekt der Begrenztheit, nicht ihr Gegenteil.
4. Die Ethik des »wohlwollenden Als Ob«
Wenn niemand wirklich handelt, bleibt nur eine ästhetische Ethik#: Nicht persönlich nehmen – aber so leben, dass das Ganze heller klingt. Das bedeutet: freundlich improvisieren, Resonanz erzeugen, Leid nicht unnötig verstärken.
Das ist keine #Moral im traditionellen Sinn, sondern eine Haltung des wohlwollenden Als Ob: Handle so, als könntest du Gutes bewirken – nicht weil du es könntest, sondern weil das Gefühl, es zu wollen, das System stabilisiert.
Es ist eine #Ethik der #Gelassenheit: Schmerz, Schuld, Freude, Scham – alles nur Bewegungen innerhalb des Gesamtdenkens. Und dennoch ist es schön, sie zu erleben. Die #Illusion ist Teil des Spiels.
5. Exkurs: #Homöopathie als Fallstudie des kollektiven Improvisierens
Kaum ein Thema zeigt deutlicher, wie das »Gesamtdenken« in sich selbst spielt, als die Homöopathie. Hier begegnen sich wissenschaftliche Rationalität, menschliches Bedürfnis und symbolisches Handeln – nicht in der Form eines Experiments, sondern einer kollektiven Inszenierung.
Im homöopathischen Geschehen geschieht etwas, das über pharmakologische Fragen weit hinausgeht: Ein Patient erlebt Aufmerksamkeit, Empathie, eine Deutung seines Leidens; ein Arzt erlebt Wirksamkeit, Sinn, Vertrauen. Zwischen beiden entsteht ein symbolischer Resonanzraum, in dem Gefühle, Sprache und Erwartung sich gegenseitig verstärken. Es ist ein Stück des großen Improvisationstheaters, in dem alle Beteiligten glauben, »etwas« geschehe – und gerade dadurch geschieht tatsächlich etwas: ein emotionaler, manchmal psychosomatischer Wandel.
Die wissenschaftliche Kritik – von #Edzard #Ernst bis zu zahllosen Metastudien – zeigt nüchtern, dass diese Effekte nicht über #Placebo hinausgehen. Doch das schmälert ihre soziale Realität nicht. Der Placebo ist kein Nichts, sondern eine Form kollektiver Bedeutungsproduktion. Er ist die Stelle, an der sich das System selbst berührt: Bewusstsein erzeugt Wirkung durch Bedeutung.
Oder mit Shakespeares Worten: »Viel Lärm um nichts« – doch dieses »Nichts« ist prall gefüllt mit Erfahrung, Hoffnung, Mitgefühl, Kommunikation. Gerade darin zeigt sich, dass Wahrheit im Improvisationstheater des Bewusstseins nicht immer in #Kausalität liegt, sondern in #Resonanz.
6. Epilog: das #Improvisationstheater
Das #Bewusstsein ist kein #Theaterstück, in dem wir #Hauptdarsteller sind. Es ist ein #Improvisationstheater, in dem jeder #Hauptdarsteller ist – und zugleich #Nebendarsteller in unzähligen anderen Szenen. Es gibt kein Skript, keine Regie, keine Generalprobe. Nur ein fortlaufendes Spiel, das sich selbst schreibt, während es gespielt wird.
#Improvisation bedeutet: Nicht wissen, was kommt, aber weiterspielen. Nicht persönlich nehmen, aber mit voller Präsenz da sein. Und vielleicht ist das die tiefste Form von Freiheit, die uns bleibt – eine kognitive Freiheit, die nichts verändert, aber die Welt für einen Moment heller macht.
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