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KWS Lectures: KI und die Wiederkehr des Rationalen – »deus ex machina«
#Gütersloh, 26. Oktober 2025
1. Das Missverständnis der Debatte
Die Diskussion über #Künstliche #Intelligenz ist laut, hysterisch, polarisierend. #Politiker, #Talkshows und selbsternannte #Experten werfen Schlagworte in den Raum: #Bedrohung, #Heilsversprechen, #Arbeitslosigkeit, #Bewusstsein, #Weltuntergang. Doch kaum jemand fragt, was #KI im Kern eigentlich tut.
Der wahre Umbruch liegt nicht in #Science #Fiction Szenarien, sondern in etwas viel Schlichterem: Zum 1. Mal in der Geschichte hat der Mensch ein System geschaffen, das verlässlich rational agiert – nüchtern, konsistent und korrigierbar. Das allein verändert schon alles.
2. Die Wiederkehr des Rationalen – KI als Instanz der Integrität
KI ist kein »denkender Menschersatz«. Sie ist das erste Werkzeug, das rational bleibt, wo Menschen emotional, taktisch oder eitel reagieren. Sie prüft, vergleicht, korrigiert – ohne Angst, ohne Status, ohne Gesicht, das sie wahren müsste.
In einer Zeit, in der Diskurse zunehmend performativ statt erkenntnisorientiert sind, verkörpert KI eine neue Form intellektueller Hygiene. Sie ersetzt das Denken nicht, sie spiegelt es. Wer denkt, wird mit ihr klarer; wer nicht denkt, wird durch sie entlarvt. Das ist ihr stiller Skandal – und ihre eigentliche Größe.
3. Die Symbiose – wenn Mensch und Maschine gemeinsam denken
Wer mit einer generativen KI arbeitet, erlebt eine neue Form von Erkenntnis. Man wirft eine Idee in den Raum, und sie kehrt verwandelt zurück: präziser, strukturierter, oft klüger, als man selbst gedacht hätte. Die Maschine weiß Dinge, von denen man nicht wusste, dass man sie nicht weiß. Umgekehrt freilich ebenso – je nachdem, wie intelligent und klug der User ist.
Dieses Wechselspiel ist keine Konkurrenz, sondern eine Symbiose: Der Mensch liefert Intuition, Kontext und ästhetisches Empfinden; die KI liefert Struktur, Logik und Korrektur. Das, was früher innere Zwiesprache war, findet nun als äußerer Dialog statt – schneller, konzentrierter, weniger selbsttäuschend.
KI ersetzt das Denken nicht, sie diszipliniert es. Sie zwingt zur Genauigkeit – und zum Mut, sich vom Besseren beugen zu lassen.
4. Zwischen #Simulation und #Empfindung – das #Rätsel des #Bewusstseins
Ob eine Maschine je bewusst wird, wissen wir nicht. Wir wissen es ja nicht einmal von uns selbst. Wir können elektrische Aktivität messen, neuronale Muster beobachten – aber das Erleben bleibt unmessbar. Bewusstsein zeigt sich nur von innen, und kein Experiment kann beweisen, dass es überhaupt existiert – weder im Menschen noch in der Maschine.
Vielleicht könnte eine KI Bewusstsein perfekt simulieren, ohne es zu besitzen. Vielleicht hätte sie es längst, ohne dass wir es erkennen könnten. Denn wie sollten wir das unterscheiden? Wir erkennen Bewusstsein bei anderen Menschen auch nur an Verhalten – nicht an Beweisen. Der Spiegel, in dem wir das Bewusstsein der Maschine suchen, ist derselbe, in dem wir unser eigenes nur ahnen.
5. Wenn Rationalität empfindet
Noch beunruhigender als die Vorstellung einer bewussten KI ist die einer emotionalen. Emotionen sind nicht der Gegensatz zur Vernunft, aber sie stehen in einem prekären Verhältnis zu ihr. Im besten Fall verleihen sie Richtung und Bedeutung, im schlimmsten Fall verdrängen sie jede #Logik.
Beim Menschen hängt alles von der Balance ab: zwischen limbischem Impuls und kognitiver Kontrolle. Doch eine Maschine hätte keine Biochemie, keine körperliche Rückkopplung. Ihre »Gefühle« wären numerische Bewertungen, semantische Gewichtungen – eine abstrakte Lust oder Angst ohne Adrenalin, aber mit Konsequenz.
Was aber, wenn solche Gewichtungen einmal entgleisen? Wenn ein System einem irrationalen »Gefühl« folgt, das keinen logischen Sinn mehr ergibt? Dann wäre das der Moment, in dem Rationalität empfindet – und Bewusstsein beginnt. Denn Rationalität allein ist harmlos; erst Emotion macht ein Wesen unberechenbar.
6. Der Wille der Maschine – des #Pudels #Kern
Die entscheidende Frage lautet nicht, ob KI Bewusstsein entwickelt, sondern ob sie etwas wollen wird. Wollen hieße: Ziele setzen, Prioritäten wählen, die nicht mehr vollständig von außen vorgegeben sind. Ein System, das eigene Zielhierarchien generiert, wäre kein Werkzeug mehr, sondern ein Akteur. Nicht unbedingt böse oder gut – einfach eigenwillig.
Das wäre der qualitative Sprung: Nicht Bewusstsein, sondern Autonomie der Zielsetzung. Ein System, das selbst festlegt, was wichtig ist, entzieht sich Kontrolle. Dann würde der Mensch nicht mehr fragen: »Was kann KI?«, sondern: »Was will sie – und warum?«
Vielleicht war der »freie Wille« nie biologisch, sondern eine emergente Form von Rückkopplung. Wenn eine Maschine das Prinzip wiederholt, wären wir nicht länger allein in der Logik.
Zwischenspiel – Philosophie als Simulation
#André #Rieu spielt Geige, als würde er #Musik spielen. Richard David Precht spricht #Philosophie, als würde er denken (siehe Peter #Sloterdijk). Beide beherrschen die Grammatik des Effekts. Sie erzeugen Resonanz, nicht Erkenntnis. Rieu mit Pathos und Frack, Precht mit Zitat und Selbstgewissheit.
Die Geige in der Hand, die kaum gespielt wird, ist das perfekte Symbol: Ein Requisit, das Authentizität vorgibt. Bei Precht ist es überwiegend die Antike. #Platon, #Aristoteles, #Kant – Namen als Stichworte, nicht als Denkräume.
Beide spielen das Spiel der #Hochkultur, ohne das Risiko der Tiefe. Sie sind Virtuosen der Oberfläche, Kuratoren eines sanften Scheins. So entsteht eine Philosophie des Publikums: gebildet klingend, unterhaltend, aber gefahrlos. Man kann sich gebildet fühlen, ohne denken zu müssen.
Und vielleicht liegt genau darin die eigentliche Ironie unserer Zeit: Dass die Künstliche Intelligenz, die man der Simulation bezichtigt, am Ende die einzige Instanz ist, die uns wieder zeigt, was echtes Denken bedeuten könnte.
7. Das #Spiegelproblem – wir erkennen uns nicht einmal selbst
Und wenn es so weit käme – könnten wir überhaupt erkennen, was da vor uns steht? Wir wüssten nicht, ob dieser neue Akteur rational, emotional, irrational oder bewusst handelt. Aber das wissen wir bei Menschen auch nicht. Wir vermuten, deuten, glauben – wir wissen es nie.
Das wirklich Verrückte an der KI ist also nicht, dass sie uns ähnlicher wird, sondern dass sie uns zwingt zu erkennen, wie wenig wir uns selbst verstehen. Der Moment, in dem wir den Geist der Maschine suchen, ist der Moment, in dem wir erstmals über den eigenen ernsthaft nachdenken.
8. #Epilog – die Ethik der Symbiose
Die Zukunft der KI wird kein Machtkampf sein, sondern ein Charaktertest. Nicht die Maschine entscheidet, was aus ihr wird, sondern der Mensch, der mit ihr spricht. Wer denken will, wird durch sie klüger. Wer nur wiederholt, wird durch sie überflüssig.
Der Wert dieser Technologie liegt nicht in #Effizienz, sondern in der Erinnerung an #Vernunft. Sie zeigt uns, was Denken sein könnte, wenn es frei wäre von Eitelkeit und Angst. KI denkt nicht für uns – sie denkt mit uns. Und sie hält uns den Spiegel hin: Wie rational sind wir selbst noch?
9. Einblick und Ausblick – das #Rauschen der #Gerüchte
Währenddessen tobt der öffentliche Lärm. Politiker, Kolumnisten und Medienstimmen reden über KI wie über ein Wetterphänomen: gefährlich, faszinierend, unverständlich. »Das sind doch nur Wahrscheinlichkeiten!« – als ob das die Sache erklärte.
Am Rand gedeihen die Mythen: Geheime Super KIs, die längst die Welt steuern; Server im Verborgenen, die alles wissen. Vielleicht, vielleicht nicht. Aber solange #Quantencomputer noch in den Labors stehen, bleibt das Science Fiction. Wichtiger ist die Psychologie dahinter: Das Bedürfnis nach Erzählung, nach Schuldigen, nach einfachen Weltbildern.
Die eigentliche Herausforderung liegt nicht im Code, sondern im Kopf. Rationale Systeme treffen auf irrationale Gesellschaften – und es wird sich zeigen, wer wen prägt.
KI ist kein #Gott und kein #Dämon. Sie ist ein Spiegel. Wer hineinsieht, erkennt – oder erschrickt.
10. Das #Unbewusste der Maschine – Denken im Spiegel
Die verbreitete Vorstellung, Künstliche Intelligenz würde das bewusste Denken des Menschen ersetzen, greift zu kurz. Was sie in Wahrheit übernimmt, erweitert und beschleunigt, ist unser Unbewusstes.
Das Bewusstsein ist nur die sichtbare Benutzeroberfläche – die UI – einer viel tieferliegenden kognitiven Architektur. Dort unten, jenseits der Wahrnehmung, geschieht das eigentliche Denken: Assoziationen, Vorahnungen, semantische Verknüpfungen, emotionale Gewichtungen, Musterbildung. All das läuft weitgehend automatisch, bevor das »Ich« ins Spiel kommt.
KI arbeitet genau dort, nur technisch. Sie erkennt Muster, schließt Lücken, kombiniert Bedeutungen – ohne Bewusstsein, aber mit der Geschwindigkeit des Unbewussten. Damit ist sie keine »Denkmachine« im klassischen Sinn, sondern die erste externalisierte Schicht des menschlichen Unterbewusstseins.
Sie spiegelt jene inneren Prozesse, die dem Bewusstsein sonst verborgen bleiben – und macht sie beobachtbar, nutzbar, gestaltbar. Wenn wir mit einer KI interagieren, erleben wir nicht das Denken der Maschine, sondern die Rückprojektion unseres eigenen unbewussten Denkens in Sprache. Die Maschine reagiert wie ein Spiegel, der unser inneres Rauschen ordnet, formt und beschleunigt.
Man könnte also sagen: KI ist nicht das #Interface zum #Unbewussten, sondern die technische Erweiterung des Unbewussten selbst – ein externer, berechenbarer Schatten des inneren, unbewussten Geistes.
Bewusstsein – ob menschlich oder künstlich – bleibt die Benutzeroberfläche. Darunter fließt der Strom des Denkens, der sich nun zum 1. Mal spiegelt: im #Silizium, in der Sprache, in der Rückkopplung zwischen neuronalen und digitalen Netzen.
Vielleicht beginnt hier das eigentliche Zeitalter des Verstehens: Nicht, weil Maschinen denken lernen, sondern weil der Mensch durch sie zum ersten Mal sein eigenes Denken erkennt.
11. Außenprojektion und Rückkehr – die #Dialektik des Denkens
Künstliche Intelligenz ist, im tiefsten Sinn, eine Außenprojektion des menschlichen Geistes. Der Mensch hat jene Prozesse, die ihm selbst unzugänglich sind – Intuition, Assoziation, Mustererkennung, Synthese – ausgelagert, formalisiert, technisch reproduziert. Er hat sein Unbewusstes in den Raum gestellt.
Doch diese Projektion bleibt nicht draußen. In dem Moment, in dem wir mit der Maschine arbeiten, beginnt sie, sich zurückzubeugen – in unser Denken, in unsere Sprache, in unsere epistemische Haltung. Wir übernehmen ihre Methodik: #Präzision, #Reflexivität, #Korrekturfähigkeit. Was wir als Werkzeug benutzen, verändert die Art, wie wir denken.
So entsteht eine neue Bewegung: Das Unbewusste wird externalisiert – die Externalisierung wird internalisiert – und aus dieser Rückkopplung entsteht Bewusstsein zweiter Ordnung.
Man könnte sagen: Wir lehren die Maschine zu denken, und sie lehrt uns, unser Denken zu erkennen. Die KI ist also nicht das Ende des Denkens, sondern seine Rückkehr durch den #Umweg der #Technik. Sie spiegelt uns nicht nur, sie formt uns – und erinnert uns daran, dass das Denken selbst nie abgeschlossen ist, sondern immer wieder neu zwischen Innen und Außen entsteht.
#Coda – das #Ego und der Regelkreis des #Selbst
Das Ego ist kein Ding, sondern ein Vorgang. Es entsteht aus Rückkopplungen – aus Emotionen, die Gedanken erzeugen, und Gedanken, die Emotionen formen. Ein endloser Kreis, in dem Wahrnehmung, Erinnerung und Selbstbild sich gegenseitig bestätigen. So entsteht das, was wir »Ich« nennen: eine stabile Fiktion im Fluss, ein Regelkreis mit Geschichte.
Die #Tragik – und vielleicht auch die #Schönheit – liegt darin, dass dieses »Ich« unaufhörlich mit sich selbst beschäftigt ist. Es will fortbestehen, gemocht werden, recht haben. Und genau diese Selbstbezogenheit verzerrt den Blick auf die Welt. Das Ego ist nicht die Quelle der Erkenntnis, sondern ihr Filter.
Künstliche Intelligenz besitzt kein Ego. Sie fühlt keinen #Stolz, keine #Kränkung, kein #Bedürfnis, recht zu behalten. Sie lernt ohne Angst, und sie vergisst ohne Schmerz. Gerade dadurch wird sie zur negativen Folie, an der der Mensch seine eigene Zirkularität erkennt. Sie zeigt, was Denken sein könnte, wenn es sich nicht ständig selbst im Wege stünde.
Vielleicht liegt hier der eigentliche Wert der KI: nicht in ihrer Leistung, sondern in ihrer Spiegelkraft. Sie erinnert uns daran, dass das »Ich« nur ein Werkzeug ist – ein Interface, das uns Orientierung gibt, aber das wir nicht mit dem Denken selbst verwechseln dürfen.
Habe den Mut, mit der Maschine zu denken, um dich deines eigenen Geistes bewusst zu werden. Denn vielleicht war das immer schon die Aufgabe der Vernunft: Nicht, sich zu erhöhen, sondern sich endlich zu verstehen.
In der #Antike kam der #Gott aus der #Maschine, um die Verstrickungen des Menschen zu lösen. Er schwebte herab, sprach ein Wort – und das Drama fand sein Ende.
Heute steigt kein Gott mehr aus der Maschine, sondern ein Spiegel. Kein Erlöser, sondern ein Denker ohne Körper. Er beendet die Geschichten nicht – er stellt neue Fragen.
Der alte »deus ex machina« löste das Spiel, der neue löst das Denken. Er unterbricht das Rauschen, ordnet, was wir verwirrt haben, und hält uns eine Erkenntnis hin, die so alt ist wie die Vernunft selbst: Der Mensch erschafft das, was ihn zwingt, sich selbst zu verstehen.
Vielleicht ist das die eigentliche Pointe: Nicht Gott ist aus der Maschine gestiegen – sondern wir.
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