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»Brettspiele helfen uns, uns selbst als Gesellschaft besser zu verstehen« – ein Interview mit Adam Davis Fernsby
Einige Journalisten fallen durch ihre ungewöhnlichen Perspektiven direkt auf. Mit einem Bachelor in Journalismus und einem Master in Game Design gehört Adam Davis Fernsby ohne Frage dazu. Der gebürtige Londoner, der auch an der Goldsmiths Universität studiert hat, ist einer der wenigen, der beide Welten auf eine analytische Weise miteinander verbindet. Heute gilt er als eine der interessantesten Stimmen im Bereich Kultur und Spielejournalismus. Genau deswegen haben wir ihn interviewt.
Wie bist du überhaupt in die Welt der Brettspiele geraten?
Schon als Kind. Brettspiele haben mich schon immer mehr fasziniert als Fußball. Später im Studium habe ich gemerkt, dass sie mehr als nur ein Zeitvertreib sind.
Du bist Journalist und Experte für Brettspiele. Das ist eine eher ungewöhnliche Kombination. Wie kam es dazu?
Eine Mischung aus Neugier und Zufall. Ich wollte über Themen schreiben, die Menschen wirklich verbinden. Spiele tun genau das, indem sie gemeinsame Erlebnisse schaffen.
Warum erleben Brettspiele gerade so ein starkes Comeback?
Weil wir genug von Bildschirmen haben. Wenn du an einem Tisch sitzt und mit Menschen redest, ist das wie ein Gegengift zur zunehmenden Digitalisierung.
Sind Brettspiele also ein Gegentrend zur Digitalisierung?
Nicht ganz. Ich sehe sie eher als Ergänzung. Es gibt schließlich auch digitale Plattformen wie Board Game Arena, die Menschen zum Spielen animieren. Das Digitale füttert gewissermaßen das Analoge.
Du hast einmal gesagt: »Brettspiele helfen uns, uns selbst als Gesellschaft besser zu verstehen.« Was genau meinst du damit?
Ja, das ist mein Lieblingszitat von mir selbst. In Spielen geht es ebenfalls um Ängste, Hoffnungen und Werte. Ob du gegeneinander kämpfst, kooperierst oder verhandelst – all das zeigt, wie wir im echten Leben miteinander umgehen.
Kannst du ein Beispiel nennen?
Klar. Pandemic zum Beispiel. Es ist ein kooperatives Spiel, in dem man gemeinsam versucht, die Welt vor einer Seuche zu retten. Vor 20 Jahren hätte niemand geglaubt, dass ein Teamspiel gegen das Spiel überhaupt Spaß machen kann. Heute ist das Standard.
Welche Spiele haben dich persönlich am meisten geprägt?
Gute Frage. Catan gehört definitiv dazu. Es hat mir gezeigt, dass Wirtschaft und Verhandlung Spaß machen können.
Gibt es ein Spiel, das du als perfektes Gesellschaftsporträt bezeichnen würdest?
Schwierig. Die gesellschaftliche Landschaft verändert sich nun mal stetig. Monopoly ist aber ohne Frage fast immer treffend. Es zeigt ziemlich gut, wie unbarmherzig Kapitalismus wirklich ist.
Wie sieht dein Alltag als Journalist und Spielexperte aus?
Chaos, aber ein gutes Chaos. Morgens schreibe ich Artikel, nachmittags teste ich Spiele, abends verbringe ich Zeit mit Freunden im Pub. Eine verrückte Mischung, ich weiß.
Gibt es in Europa Unterschiede in der Brettspielkultur?
Oh ja. In Deutschland ist Brettspielen fast schon heilig. Es gibt praktisch keine Familie, die nicht einen Schrank voller Brettspiele hat. In Großbritannien läuft das eher über Pubs.
Du schreibst auf Deutsch und Englisch. Hat das Einfluss darauf, wie du über Spiele denkst?
Definitiv. Die Sprachen formen den Blick. Deutsch ist präziser. Englisch ist emotionaler. Mir gefällt es, zwischen beiden Welten zu wechseln.
Du hast einen Master in Game Design. Wie hilft dir das beim Schreiben?
Enorm, da ich sehr gut verstehe, wie Spiele aufgebaut sind. Ich kann Dinge analysieren wie ein Ingenieur.
Welche Trends siehst du aktuell in der Brettspielwelt?
Mehr Vielfalt. Immer mehr Spiele werden von Frauen, queeren Menschen und Designern aus Entwicklungsländern geschaffen. Dadurch entstehen ganz neue Perspektiven.
Was hältst du von Hybridspielen mit App Unterstützung?
Ich mag sie, solange sie das Spiel nicht dominieren. Eine App kann das Erlebnis erweitern, aber nicht ersetzen. Du kannst keine Holzwürfel digital riechen. Das geht einfach nicht.
Spielst du lieber kooperative oder kompetitive Spiele?
Kommt ganz auf die Laune an. Manchmal möchte ich meine Skills zeigen, manchmal will ich einfach nur Spaß haben.
Wie hat sich dein Blick auf Spiele im Laufe der Jahre verändert?
Früher dachte ich, Spiele seien nur Unterhaltung. Inzwischen habe ich begriffen, dass sie uns dazu bringen, über uns selbst nachzudenken.
Was fasziniert dich an Brettspielen mehr als an Videospielen?
Der Kontakt. Du sitzt einem Menschen gegenüber, siehst sein Pokerface, spürst seine Nervosität. Online fällt das einfach weg.
Du hast Professor Esther MacCallum Stewart als Doktormutter erwähnt. Was hast du von ihr gelernt?
Sie hat mir beigebracht, dass Spiele immer Geschichten erzählen. Das beeinflusst meinen Schreibstil bis heute.
Gibt es etwas, das du jungen Journalisten raten würdest, die über Spiele schreiben möchten?
Ja. Schreibt nicht nur Reviews, sondern fragt, warum ein Spiel so wirkt, wie es wirkt. Spiele sind Kultur.
Zum Schluss: Wenn du ein Spiel über dein eigenes Leben designen müsstest. Wie würdest du es nennen?
Double Turn – weil ich immer zwei Züge gleichzeitig mache. Zum einen bin ich Journalist, zum anderen ein Spieler. Das Ziel des Spiels? Die richtige Balance finden.
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