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Digitales Bezahlen: Chance oder Risiko für Unternehmen in Gütersloh?
Die große Koalition aus CDU und SPD plant die Einführung einer Kartenzahlungspflicht für alle Dienstleister und Unternehmen in Deutschland. Konkret sollen dabei Händler aller Art verpflichtet werden, mindestens eine digitale Bezahlungsvariante anzubieten. Bargeld darf weiterhin genutzt werden, »Cash only« fällt damit aber weg. Geplant ist die schrittweise Einführung ab 2025, allerdings gibt es noch keine konkreten Pläne.
Dass die Pflicht kommen wird, scheint außer Frage zu stehen, denn auch der Fiskus hat Interesse daran. Die Pläne dienen nicht nur der Komfortsteigerung für Kunden, sondern insbesondere der Reduktion von Steuerhinterziehung. Unabhängig von Pflichten fordern auch Verbraucher digitale Zahlungsmethoden immer vehementer ein.
Das Bargeld gehört zwar immer noch zu den liebsten Zahlungsarten, vor allem jüngere Generationen möchten aber die Wahl bekommen. Sie wollen mit ihrem Handy, der Smartwatch oder mit Karte bezahlen können, und das nicht nur im Internet. Welche Risiken und Chancen bietet das für Gütersloher Unternehmen und was können sie vom Internet lernen?
Das Internet macht die Bedeutung digitaler Zahlungsarten vor
Im Internet ist digitales Bezahlen Standard. Wer hier eine Dienstleistung oder ein Produkt anbietet, muss gleichzeitig auch auf digitalen Geldtransfer setzen. Das zeigt sich im E Commerce, aber auch im Freizeitbereich. Streamingdienste wie Netflix, Disney Plus und Co werden ausschließlich digital bezahlt und auch im Gaming spielt Bargeld keine Rolle. Wer online Games für die Konsole kauft, zahlt mit PayPal und Co.
Ein gutes Beispiel ist hier auch die iGaming Branche, die vormacht, was landbasierte Geschäfte nachmachen sollten. Digitales Glücksspiel funktioniert nur mit digitaler Zahlung, Bargeldeinzahlungen oder manuelle Vorabüberweisungen gibt es faktisch nicht. Wer als Nutzer in einem Casino online mit PayPal bezahlt, hat eine sofort abgeschlossene und sichere Transaktion bei direkter Verfügbarkeit des Gelds. Landbasierte Spielhallen müssen und mussten hier nachziehen, auch in Gütersloh. Digital Payment ist hier auch vor Ort bekannt und gefragt.
Daran kann sich der lokale Handel ein Beispiel nehmen, denn er folgt noch nicht überall dem Onlinebeispiel im E Commerce. Vor allem kleinere Händler, Kioske, Tankstellen oder Verkaufsstände hängen hinterher, bieten oft nur Barzahlungen an und vergrämen damit jene Kunden, die nur ihre Karte einstecken haben.
Risiken digitaler Bezahlmethoden zeigen sich am PayPal Problem von 2025
PayPal ist der gefragteste Zahlungsdienstleister, wenn es um digitale Geldtransfers geht. Mittlerweile können Kunden per App sogar an der Kasse bezahlen. Ein gefragtes System, das durchaus seine Tücken haben kann. Im August 2025 stoppten Sparkassen und Banken milliardenschwere Abbuchungen durch PayPal, bedingt durch einen Ausfall der internen Sicherheitssysteme des Bezahlungsdienstleisters.
Die Folgen für Kunden waren direkt spürbar. Lastschriften wurden zurückgegeben, plötzlich gab es einen negativen Kontostand beim Bezahldienstleister. Kriminelle sprangen auf den Zug mit auf und versuchten mithilfe von Phishing E Mails, aus der Not ein Schnippchen zu schlagen.
Nicht nur für Kunden, sondern auch für Händler war der PayPal Ausfall eine wirtschaftliche Katastrophe. Die blockierten Lastschriften bedeuteten für Händler, dass sie ihr Geld deutlich verspätetet erhalten würden. Großhändler dürften damit weniger Probleme haben als KMUs, die auf Liquidität und Zahlungsfluss angewiesen sind. Während PayPal das Problem medial abschwächte, meldeten sich auch nach vermeintlicher Klärung weiterhin Betroffene.
Das Beispiel zeigt, dass die Abhängigkeit von einer Zahlungsart allein große Risiken gibt. Flexibilität ist aus Kunden und Händlersicht von Bedeutung und muss nicht zwingend »Bargeld« bedeuten. Flexible Zahlungsangebote können auch eWallets, Zahlungsdienstleister wie Klarna (Rechnungskauf, Ratenkauf) oder RatePay, Prepaid Zahlungen per Paysafekarte und natürlich Kreditkarten beinhalten.
Die Bargeldlust der Deutschen ist in Gütersloh abgeflaut
Wie das Haller Kreisblatt berichtet, verschwindet das Bargeld langsam aus Gütersloh. Selbst in kleinen Geschäften und Bäckereien ist es mittlerweile möglich, das Frühstücksbrötchen mit der Karte zu bezahlen.
In einem Interview mit dem Haller Kreisblatt erklärte der Vorsitzende der Sparkasse Gütersloh Rietberg, dass er selbst nur ganz wenig Bargeld im Alltag mitführe. Er habe selbst forciert, primär alles mit Karte zu bezahlen. Als Grund gibt er vor allem den praktischen Nutzen an, weist aber auch auf die Vorteile für den Einzelhandel hin.
Bei Sparkassen sind Münzeinzahlungen kostenpflichtig, da die Banken die eingehenden Münzen vor Ort nicht mehr zählen dürfen. Durch die Beauftragung externer Dienstleister entstehen der Bank Kosten, die an den Händler weitergegeben werden. Einzelhändler profitieren also davon, wenn Kunden mit Karte und nicht mehr Münzen zahlen. Hinzu komme laut Klingsieck der Faktor Falschgeld, der sich durch digitale Bezahlung minimieren lasse.
Im Interview rechnet der Experte vor, dass die Corona Zeit einen Anteil am Wachstum der Kartenzahlungen in Gütersloh zur Folge hatte. Im März 2020 wurden für Gütersloh 540.000 Zahlungen mit Karte verzeichnet, im Dezember 2019 waren es noch 15 Prozent weniger. Corona könnte also ein Motor gewesen sein, warum in Gütersloh und deutschlandweit zunehmend mehr mit Karte gezahlt wird.
Händler und Geschäfte müssen mitziehen
Die Bereitschaft der Gütersloher ist da, sie lassen das Bargeld los und fokussieren sich auf die Karte. Für eine erfolgreiche Umsetzung müssen aber nicht nur die Bürger mitmachen, sondern auch die Händler. Es muss möglich sein, für Einkäufe, aber auch für Spiele, bildende Kunst und Dienstleistungen mit der Karte zu bezahlen.
Dass es funktioniert, zeigte die Stadtbus Gütersloh GmbH bereits im Oktober 2021. Bis zu diesem Zeitpunkt war Bargeld nötig, um einen Fahrschein direkt im Bus beim Fahrer zu lösen. Seit Oktober 2021 können Kunden ihr Ticket auch bargeldlos bezahlen. Kreditkarte und Girokarte sind, wie das Bargeld, seither Standardzahlungsmittel.
Auch hier war die Sparkasse Gütersloh Rietberg als Partner vom ersten Tag an beteiligt und fungiert als Schnittstelle zwischen Zahlungsanbieter und Busunternehmen. Von Anfang an setzte man in Gütersloh auf flächendeckende Einführung und nicht auf einen Flickenteppich. 37 Stadt Bus Linien wurden auf einen Schlag »digital«, zumindest was die Bezahlung angeht.
Gütersloh ist damit kein Vorreiter, auch andere Städte sind den Schritt gegangen. Anders als beispielsweise die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden, hat man in Gütersloh aber klar den Mehrwert der Kunden im Fokus. Während Hessens Hauptstadt das Bargeld im Bus rigoros abgeschafft und gegen Kartenzahlung getauscht hat, bietet man in Gütersloh beide Optionen. Das ist besonders kundenfreundlich, denn die Liebe zum Bargeld ist bei manchen Verbrauchern eben doch noch tiefliegend.
Eine Pflicht zum Angebot von Barzahlungen gibt es für Händler und Dienstleister übrigens nicht. Es ist zulässig, ausschließlich Kartenzahlungen zu akzeptieren. Hier ist es Sache der Händler, zwischen eigenen Interessen und Kundenkomfort zu entscheiden. Aus Kundensicht ist die beste Option eine duale Lösung, bestehend aus Bargeld und mindestens einer digitalen Zahlungsoption.